Leserbrief im Pforzheimer Kurier vom 13.12.2008

Zum Bericht „Steuererhöhungen wird es keine geben“ im Pforzheimer Kurier vom 4. Dezember und weiteren Berichten über die Finanzsituation der Stadt:
Warum muss das kleine Übel immer so groß sein? Gemeinderäte geben das Versprechen ab, sich für das Wohl der Bürger einzusetzen. Die Verwaltung soll Vorbild sein. Aber was erleben wir? Der neue Erste Bürgermeister Heidt ist „unter Beschuss“ (Stuttgarter Zeitung vom 4. Dezember) wegen vermutlich nicht gerade vorbildlicher Geschäfte in seiner letzten Dienststelle.
Die Mehrheit der Gemeinderäte deckt die Kämmerin mit den Vorgehensweisen ihrer (sehr zu hinterfragenden) Geldanlage von 18 Millionen bei Lehman Brothers und spricht ihr noch das Vertrauen aus. Seit 14. November zahlt die Bank an unsere Stadt keine Zinsen mehr – ein Verlust von circa 2 500 Euro pro Tag.

Nachdem die Stadt jährlich rund 15 Millionen Euro neue Schulden produziert (Stand November 2008, Gesamtschulden rund 85 Millionen Euro) und das Stadtsäckel längst leer ist, müssen deshalb diese 2 500 Euro pro Tag (im Jahr 900 000 Euro) auch noch finanziert werden.
Die Entschuldigung der Kämmerin ist, diese Krise sei nicht vorhersehbar gewesen. Sie könne nicht „wahrsagen“. Trotzdem hat sie das volle Vertrauen der meisten Gemeinderäte und der OB. Doch viele Zeichen und Warnungen widerlegen diese Behauptung. Bereits 2006 führte die große Immobilienkrise in den USA zu ernsthaften Schwierigkeiten der Finanzbranche. In einer Pressemitteilung des GEAB (Global Europe Anticipation Bulletin) vom 18. Februar 2008 steht: „Umfassende weltweite Krise / September 2008 – Zusammenbruch der amerikanischen Realwirtschaft“.
Eine Gruppe von ehemaligen Politikern unter Führung von Otto Graf Lambsdorff und Helmut Schmidt hatte bereits Ende Mai 2008 angeregt, einen EU-Krisengipfel zur Finanzkrise einzuberufen. Nichts geschah. Außerdem gibt es Fachliteratur, die unserer Kämmerin aus beruflicher Sicht geläufig sein müsste. Nach all diesen Warnungen kann ich das „Schoßhündchen-Verhalten“ vieler Gemeinderäte gegenüber der Kämmerin nicht gut heißen. Ich bin gespannt, ob die 18 Millionen Euro irgendwann den Weg nach Pforzheim zurückfinden. Und ob die restlichen Gelder aus dem anteiligen Verkauf der SWP, die in Fonds angelegt sind, nicht auch die Enz hinunter schwimmen. Bislang sind diese Millionen im städtischen Haushalt 2009 als „Rücklagen“ und zur Deckung neuer Ausgaben eingerechnet.
Diese SWP-Gelder wurden nach meinen Informationen bei einem Dax-Wert von rund 8000 in Fondsanteilen angelegt. Beim heutigen Dax, der bei rund 4400 steht, kann man sich den Wert ausrechnen. Dürften sie somit nicht unverkäuflich sein und bei Null stehen?
Wir haben gutbezahlte Spezialisten in der Führungsebene – welche Aussichten für unsere Stadt – gute Nacht für unseren städtischen Haushalt!

Gundi Köhler Ortschaftsrätin in Eutingen Hohe Steige 2 A Pforzheim-Eutingen

 

Mit freundlicher Genehmigung des Pforzheimer Kurier

 

In der Pforzheimer Zeitung kam dieser Leserbrief in leicht gekürzter Form. Die PZ gab diesem Leserbrief die Überschrift: „Schoßhündchen lässt grüßen“.

Meine Überschrift jedoch lautete: “ Warum muss das kleine Übel immer so groß sein“