PZ 06.07.2010
Gemeinderatsfraktionen einträchtig sauer über NDR-Bilder
von Marek Klimanski
PFORZHEIM. In seltener Einmütigkeit halten Sprecher aller Gemeinderatsfraktionen den „Plusminus“-Beitrag über Pforzheim für tendenziös. Ob und wie weitgehend OB Hager sich beim NDR beschweren soll, ist aber umstritten.
Rückendeckung für seinen Briefwechsel mit dem NDR in Sachen „Plusminus“-Darstellung Pforzheims bekommt Oberbürgermeister Gert Hager aus den großen Gemeinderatsfraktionen. „Ich fand es gut“, sagt die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion, Christine Stavenhagen. Sie sei angesichts der Bilder, mit denen der Beitrag über die Derivate-Geschäfte illustriert war, selbst auf den OB zugegangen und habe gefragt: „Muss man sich alles gefallen lassen?“ Viele Pforzheimer hätten sich dadurch getroffen gefühlt.
„Ich finde es in Ordnung, wenn er sich für Pforzheim einsetzt“, sagt Dorothea Luppold, Vorsitzende der SPD-Fraktion. „Dass das kein besonders guter Journalismus war, darüber sind wir uns wohl einig.“ Der Beitrag habe nichts getaugt, da müsse sich der OB einsetzen.
Nochmal gemeinsam angeschaut
„Wir haben uns die Sendung noch einmal in der Fraktion angeschaut“, sagt Gerhard Sonnet. Die drei in der Fraktionsgemeinschaft vertretenen Gruppierungen Freie Wähler, Unabhängige Bürger und Liste BürgerBeteiligungsHaushalt seien einhellig der Meinung gewesen: „So darf man eine Stadt nicht darstellen“, berichtet der Fraktionsvorsitzende. „Da stehen wir voll hinter dem OB.“
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke rät zur Gelassenheit. Sich brieflich beim NDR zu beschweren, könne OB Hager natürlich machen. „Aber wenn ich mich über jeden Bericht, der in dieser Machart über die FDP gesendet wird, aufregen würde, hätte ich nichts anderes zu tun.“ Wenn ein Journalist das Ziel verfolge, eine negative Botschaft zu senden, dann werde er auf der Suche nach passenden Bildern auch fündig werden.
Ähnlich äußert sich Sibylle Schüssler, Sprecherin der Grünen Liste. „Ich denke, man sollte es auf sich beruhen lassen.“ Den ersten Brief an den NDR hätte Hager noch schreiben können, auch wenn sie selbst das nicht getan hätte. „Der Beitrag ist nicht glücklich“, sagt Schüssler, „aber das ist journalistische Freiheit.“ Die Stadt könne sich allerdings darum bemühen, positive Schlagzeilen zu machen, rät Schüssler.
Marek Klimanski PZ – Kommentar (06.07.2010):
Unschöne Optik: NDR-Beitrag über Pforzheim bewegt weiter die Gemüter
In den Gemeinderatsfraktionen sitzen sie nicht, die Fürsprecher jener Bilder, mit denen die „Plusminus“-Redaktion ihren reichlich oberflächlichen Beitrag über Pforzheims Derivate-Geschäfte unterlegt hat.
Im Gemeinderat überwiegt der Frust über ein Kamerateam, das denunziatorisch aus einem vorbeifahrenden Auto zwei bemitleidenswerte Jogginghosenträger an einer Bushaltestelle als typisch für Pforzheim vorführt. Und das mit unschönen Bildern von Bauschuttcontainern vor Privathäusern kommunale Armut zu unterstreichen sucht. Bei so viel handwerklicher Fragwürdigkeit gerät vielleicht tatsächlich zu sehr in den Hintergrund, dass an der Optik der Stadt manches im Argen liegt. Dass die Jogginghosenfraktion einen nicht unerheblichen Teil der Menschen ausmacht, die man im Straßenbild wahrnimmt. Und dass auch die öffentliche Sauberkeit zu wünschen übrig lässt. Wer sein Erscheinungsbild nicht pflegt, hält nicht viel von sich. Das gilt auch für eine Stadtgesellschaft – und stellt Pforzheims vielleicht größtes Problem dar.
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Mit freundlicher Genehmigung der Pforzheimer Zeitung
Kommentar Gundi Köhler:
Die Stadt hat wohl keine anderen Sorgen, als (goldig) glänzen zu wollen.
Man denke an fehlende Steuereinnahmen, da nicht zur rechten Zeit Betriebe angesiedelt wurden. Aber trotzdem wurden kräftig Schulden gemacht. Folge: Über 100 Millionen Euro Schulden mit steigender Tendenz.
Man denke an die Sozialausgaben. Auch dieses Problem wird durch die fehlenden Steuereinnahmen verstärkt.
Beides wäre Grund genug, sich damit zu beschäftigen.