Bürger erhalten kein Geld zurück

 

oder: –  Auf die Perspektive kommt es an –

 

Leserbrief von Gundi Köhler – erschienen im Pforzheimer Kurier 31.07.2010

 

Zum Artikel „Keine nachträgliche Gebührenerhöhung“ (Kurier vom 27. Juli):
Schade, dass die Verwaltung immer nur ihre Sichtweise darstellt. Klar ist, das bestätigte auch OB Hager in der Gemeinderatssitzung, dass eine Gebührenerhöhung auf Grund der rückwirkenden Satzungsänderung fürs Abwasser auf uns Bürger nicht zukommt. Deshalb hat – ohne in die Tiefe zu gehen – der Gemeinderat nun am vergangenen Dienstag diese Abwassersatzung rückwirkend bis zum Jahr 2006 geändert.
Man kann eine Sache jedoch immer von zwei Seiten betrachten: Das Glas ist halb voll oder halb leer. Wir betrachten den Vorgang eben aus unserer Perspektive: Schon ab 2006 legten eine Anzahl Bürger gegen die Abwasserbescheide Einspruch ein. Denn die Bürger müssten nach meinen Informationen nach der alten Satzung seit 2006 Geld aus der Abwassergebühr zurück bekommen.

 

 

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe stammt von Anfang Mai 2009 (Dagegen hat die Stadt Pforzheim Widerspruch eingelegt): Die „Kalkulation ist fehlerhaft“ (weil die Satzung das Jahr 2006 zugrunde lege, aber auf den Zahlen des Jahres 2007 beruhe), hieß es da. „Die Abwassergebührensatzung ist unwirksam“. Und: „Die Entstehung der Gebühr ist nicht hinreichend dargelegt“. Weiterhin meldet das Gericht zukünftig Zweifel an der Abwassergebührenkalkulation an, nachdem die Stadt ihren Abwasserbetrieb unter dem Namen „Eigenbetrieb Stadtentwässerung Pforzheim (ESP)“ gründete und zur Tochterfirma machte – und dieser dabei einen riesigen Berg Schulden überschrieb. Die daraus resultierenden Zinsen werden seither auf die Gebühren umgelegt.

Vielleicht erinnern sich manche Bürger an meine Frage, die ich vor der OB-Wahl den Kandidaten bei ihrer Vorstellungsrunde gestellt hatte. Die Frage lautete sinngemäß, dass „gerade ein Prozess gegen die Stadtverwaltung wegen der Abwassergebühren“ laufe. Wenn die Stadt diesen Prozess verlieren würde, ob die Bürger dann das zuviel bezahlte Geld zurück erhalten, wollte ich wissen. Alle Kandidaten – außer Hans-Joachim Bruch – bejahten meine Frage.
Dass die Satzung jetzt rückwirkend angepasst wird, muss man dann gewissermaßen auch als eine Gebührenerhöhung ansehen. Die Satzung wird rückwirkend „geheilt“ und die Revision/den Prozess will die Stadt damit gewinnen. Ein kluger Schachzug der Verwaltung, denn an die Bürger fließt dadurch kein Geld mehr zurück. Die Erhöhung der Abwassergebühren ab 2010 ist jedoch unabhängig von diesem laufenden Gerichtsverfahren.
Fraglich ist, ob diese nachträgliche Satzungsänderung nach dem Gerichtsurteil (OVG Münster Aktenzeichen: 9 A 2473/93 vom 3. Juni 1996) Bestand hat, da sie eine „Belastung“ der Bürger darstellt. Bürgernah finde ich diese Vorgehensweise der Stadt allerdings nicht.