Pforzheimer Kurier vom 30.01.2009 Von unserem Mitarbeiter Harald Bott
Rund 60 Zuhörer bei Vortrag des Bürgervereins Mäurach am 28.01.09
Müllverbrennung ist eine Frage der Technik
Überraschendes Fazit bei kritischer Diskussion über Ersatzstoffe (EBS) im Heizkraftwerk Pforzheim
Die Stimmung im Raum war skeptisch bis ablehnend. Und das obwohl der Referent sich zumindest bemühte, eine neutrale Einschätzung der Sachlage zu vermitteln. Es ging um das Thema Müllverbrennung im Kohleblock des Pforzheimer Heizkraftwerks und die Frage, welche Risiken sich damit verbinden. Es referierte der Chemiker Thomas Guth von der Bürgerinitiative Schelklingen, einer 7 000 Einwohner-Gemeinde im Alb-Donau-Kreis, wo seit Jahren Müll verbrannt wird,
Geladen hatte der Bürgerverein Mäurach, der dem Thema komplett ablehnend gegenüber steht. Gründe dafür liegen vor allem in der Sorge um gesundheitliche Beeinträchtigungen durch unkontrollierten Schadstoffausstoß und die Angst vor dem Wertverlust von Immobilien. Rund 60 Zuhörer verfolgten den Vortrag im Familienzentrum Ost. Beim Veranstalter wurde beklagt, dass darunter fast keine Gemeinderäte waren.
Guth stellte dar, in Pforzheim sei zunächst geplant, bis zu 25 Prozent des Brennstoffbedarfs durch so genannte Ersatzbrennstoffe (EBS), konkret Kunststoffe und vorsortierten Restmüll, zu ersetzen. Grundsätzlich, betonte Guth, sei dagegen nichts einzuwenden. Gleichzeitig zerpflückte er das vorliegende Konzept der Heizkraftwerk Pforzheim GmbH. Zweifel äußerte er vor allem an der Sicherung der angelieferten Müllqualität. Unter anderem davon ist abhängig, ob und in welcher Menge Schadstoffe bei der Verbrennung in die Umwelt gelangen. „Das RAL-Qualitätssiegel gibt hier klare Grenzwerte vor, warum werden diese nur zum Teil eingehalten“, bemängelte Guth.
Skeptisch äußerte er sich auch zu den Temperaturen in der Verbrennungskammer, auch das ein wesentlicher Faktor für die „Sauberkeit“ des Verbrennungsprozesses. Hier sieht das Konzept für Pforzheim eine abgesenkte Temperatur von 780 Grad vor. Üblich sind jedoch 850. Weiter bemängelte Guth die Anlieferung des EBS durch Lastwagen. Durchschnittlich neun Anfahrten pro Tag sehe das Konzept vor. Er rechne mit steigenden Mengen in der Zukunft. „Denn Müllverbrennung“, kritisierte Guth, „ist wie Fußpilz, wenn sie ihn erst mal haben, bekommen Sie ihn nur schwer wieder los.“
Dennoch, das Fazit des Experten am Ende war so klar wie überraschend: Müll lässt sich gefahrlos verbrennen, wenn die Anlage auf dem technisch neuesten Stand ist. Denn all den Einwänden steht letztlich ein bestimmender Vorteil gegenüber: EBS ist deutlich billiger als die üblicherweise verwendete Steinkohle. Hoffnung also für die Bürger auf sinkende Strompreise? Aufgrund von Profitinteressen eher unwahrscheinlich, wertete Guth.
Bernd Zilly, der Vorsitzende des Bürgervereins Mäurach, und Bernd Grimmer, beide sitzen für die Unabhängigen Bürger im Gemeinderat, deuteten am Ende an, wie eine Lösung des Konflikts aussehen könnte: zumindest ein Teil des eingesparten Geldes solle in verbesserte Filteranlagen und Kontrollen der Verbrennungsprozesse investiert werden, forderten die beiden Sprecher. Ein Erörterungstermin zu den Einwendungen gegen die Müllermitverbrennung ist am Donnerstag, 5. Februar, ab 10 Uhr im Amt für Umweltschutz der Stadt angekündigt.
Mit freundlicher Genehmigung des Pforzheimer Kurier
Diskussion mit Dr. Thomas Guth (Foto: Zilly)
Tafel mit Schlussfolgerungen, welche diskutiert wurden (Foto: Köhler)
„Denn Müllverbrennung“, kritisierte Guth, „ist wie Fußpilz, wenn sie ihn
erst mal haben, bekommen Sie ihn nur schwer wieder los.“ (Foto: Zilly)