Die negativen Nachrichten über das Daub-Areal überschlagen sich.
Eine Schülerin, die vor 40 Jahren das Hilda-Gymnasium besuchte schreibt:
„….damals schon haben wir uns mit einem weit vorausschauenden Lehrer an die Pforzheimer Zeitung gewandt, die daraufhin einen Artikel über die Hildaschülerinnen brachten, die sich über zuviel Gift in Luft und Boden in unmittelbarer Nähe ihrer Schule beschwerten“.
Dass sich unter dem heutigen Hilda-Gymnasium und auf dem benachbarten Erweiterungsgelände CKW-Nester als Hinterlassenschaft der früher dort angesiedelten Schmuckfirma Daub befinden, ist also nicht neu und war wohl schon im Kaufvertrag festgehalten.
Bereits in der Beilage N 216 des Gemeinderats vom Juli 2000 beziffert man den Kaufpreis für das Daub-Areal mit seinen 0,52 Hektar mit 12,1 Millionen DM (entspricht einem Quadratmeterpreis von 2.317.-DM), wobei Umbau-, Sanierungs-
und Abbruchkosten ebenso wie die Kosten der Sanierung von Altlasten dem Kaufpreis noch hinzuzurechnen sind.
Nach aktuellem Recht sind Schadstoffe im Boden „unbedenklich“ solange nicht gegraben wird. Mit dem ersten Spatenstich kommen alle möglichen Ämter und verlangen die gesamte Beseitigung des verseuchten Bodens, der durch
das Ausgraben zu Sondermüll wird.
Haftbar ist doch immer zuerst der aktuelle Eigentümer des Bodens, nicht der Verkäufer? Zumal die Stadt, wie zu lesen ist, das Areal wissentlich als „belastet“ gekauft hat.
Die Stadt Pforzheim kann sich jetzt nicht mehr drücken, den gesamten Boden sehr tief auszuheben und als Sondermüll / Problemmüll zu entsorgen. Da eine Auffüllung mit anschließender Bebauung dann mit einer Schule – wie ursprünglich geplant – nicht mehr möglich sein wird (kein fester Untergrund), frage ich mich, was unterhalb der Schule dann errichtet werden soll – angesichts des defizitären Vermögenshaushalts der Stadt?
Die Wahl, eventuell nicht alle verseuchte Erde abzutragen, hat die Stadt gar nicht.
„Diese hohen Konzentrationen liegen in einer eng begrenzten Fläche vor, die wir Hot Spot nennen“, sagt Herr Biehmelt (Gebäudemanagement der Stadt Pforzheim). Ob es noch mehr solcher Hot Spots gibt, weiß Biehmelt noch nicht.
Die austretenden chlorierten Kohlenwasserstoffe sind hochgiftige Lösungsmittel, ein krebserregendes CKW-Gas.
Schutzanzüge für die Arbeiter und eine Absaugmaschine mit Kohleaktivfilter sollen am Donnerstag kommen und sicherstellen, dass keiner der Arbeiter Gesundheitsrisken ausgesetzt ist. Ungeklärt ist noch die Frage des Passanten-
und Anliegerschutzes.
Und hier soll eine Schule gebaut werden? Wer übernimmt die Verantwortung? Wird sie nicht zum Gesundheitsrisiko für unsere Kinder und zum finanziellen Dauerbrenner für unsere städtischen Finanzen? Wieviel CKW „vertragen“ die
Schüler? Denn Herr Biehmelt bezieht auch den Fall in seine Überlegungen ein, dass selbst nach Fertigstellung der Schule der Boden mit einer Drainage noch jahrelang von den CKW gereinigt werden muss.
War der Kauf des Daub-Areals also ein Schnäppchen? Kaum zu fassen, mit welcher Bravour unsere Verwaltung und die Mehrheit des Gemeinderats die Geschicke unserer Stadt lenkt und Kaufverträge abschließt. Wozu haben wir außerdem ein Rechtsamt? Ich frage mich, welche andere „Altlasten“ noch ans Tageslicht kommen.
Gundi Köhler
Fotos: Mit freundlicher Genehmigung des Pforzheimer Kurier
EINE DER BOHRUNGEN, mit denen chlorierte Kohlenwasserstoffe nachgewiesen wurden.
ENTLANG DER POSTSTRASSE dürfen die Bauarbeiter noch Löcher zur Befestigung der Stützwände in die Baugrube des neuen Hilda-Gymnasiums bohren. An der Kiehnlestraße verbietet sich das wegen hier lagernder CKW, bis ab Donnerstag Absauganlage und Sicherheitstechnik installiert sind. Fotos: Ehmann
Pforzheimer Kurier 26.02.2010
Beim Hilda-Gymnasium beginnen kritische Arbeiten im Bereich der CKW-Altlasten
(mit freundlicher Genehmigung des Pforzheimer Kurier)
Von unserem Redaktionsmitglied Jürgen Peche
Ein Baggerführer mit Atemmaske und ein Messtechniker, der mit einer Sonde ständig die Konzentration von chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW) bestimmt: Auf der Baustelle des neuen Hilda-Gymnasiums geht es seit gestern Nachmittag streng nach den Sicherheitsregeln zu. Die Firma Vincon, die den Bauaushub übernommen hat, hat dazu eigens einen Sicherheitsbeauftragten engagiert. Michael Huber vom Karlsruher Ingenieurbüro Roth patroulliert auf der Baustelle den „Schwarzbereich“, den westlichen Bereich an der Kiehnlestraße, in dem mit erhöhten Kontaminationen von CKW nach Probebohrungen gerechnet werden muss. Schwarzbereich heißt, mit Belastungen versehen.
Kritisch sind in diesem Bereich die Bohrungen für den Verbau, also die Einsturzsicherung der Baustelle, die fünf Meter tief reichen. Bevor das Bohrgerät seinen zahnbewehrten Kranz ansetzt, wird der Schwarzbereich mit Brettern und einem folienverhängten Bauzaun gesichert. Zusätzlich werden dicke Saugschläuche ausgelegt, die entweichende Gase sofort zu einem Aktivkohlefilter pumpen, wo sie unschädlich gemacht werden. Der Bohrtrupp ist mit Vollatemschutz versehen, wie der Messtechniker, der bei der Bohrung regelmäßig die CKW-Konzentration misst und protokolliert. „Spätestens bei Werten von über 30 ppm müssen alle ihre Atemmasken tragen, da reichen auch die abgedichteten Kabinen nicht“, erklärt Huber.
Wieviel und wo die Reste der Lösungsmittel im Untergrund lagern, weiß man erst hinterher, und so bleiben die Bohrungen für alle Beteiligten spannend.