Verfallene Pleite-Kommune oder strahlende Goldstadt?
von Marek Klimanski (Pforzheimer Zeitung vom 11.06.2010)
PFORZHEIM. „Wie im Kosovo“ habe ihre Heimatstadt ausgesehen, finden viele Bewohner: Ein Fernsehbeitrag der ARD zum Thema Derivate zeigte Pforzheim als verfallende Pleite-Kommune. Das ist seither Gesprächsthema.
Selbst das Wetter hat gepasst. Tiefe graue Wolken hängen über dem Enztal, als das Kamerateam von Osten her auf der B 10 in die Stadt fährt, vorbei am Goldstadt-Schild und einer Tankstelle. Die Kamera schwenkt auf das leer stehende Haus vor dem Heizkraftwerk. Schaurig sieht es aus mit seinen schwarzen Fensterhöhlen. Ein wenig wie Norman Bates’ Motel in „Psycho“.
Die Kamera schwenkt zurück, zeigt undeutlich zwei Gestalten in Jogging-Anzügen, die an einer Bushaltestelle auf der Bank sitzen. Weiter geht die Kamerafahrt die B 10 entlang, über rissige Straßen, an Bauschutt-Containern vorbei und an Häusern mit abplatzendem Putz. Jede einzelne Einstellung dauert nur wenige Sekunden, die Bilder verschwinden, der Eindruck bleibt. Pforzheim – das ist die Oststadt, sonst nichts. Oder weniger als nichts: 250 Millionen Euro Schulden habe die Stadt gehabt, da sei sie von der Deutschen Bank zu den hinlänglich bekannten desaströsen Derivate-Geschäften mit den Spread Ladder Swaps verführt worden. So steigt der am Dienstag gesendete Beitrag der ARD-Sendung Plusminus in das Thema Derivate ein. Für Leser der PZ bringt er nichts Neues, im Gegenteil: Die Ermittlungen gegen die frühere Oberbürgermeisterin Christel Augenstein (FDP) und Stadtkämmerin Susanne Weishaar wegen Untreue finden keine Erwähnung. Und auch nicht der Umstand, dass die Geschäfte mit der Deutschen Bank nur vorübergehend verlustreich waren und die Stadt auf dem Höhepunkt drohender unbegrenzter Verluste ihr Heil in weiteren Derivate-Geschäften mit J.P. Morgan suchte, aus denen nun ein Finanzloch von bislang knapp 60 Millionen Euro resultiert.
Weit überzeichnet
Am Mittwoch war die Sendung das Gesprächsthema Nummer 1 im Kollegenkreis, an etlichen Mittagstischen, bei geschäftlichen Treffen und abends beim Stammtisch. „Wie im Krieg“ sei Pforzheim dargestellt worden, „wie im Kosovo“ habe die Stadt ausgesehen. Oder, nicht viel schmeichelhafter, wie Städte in der früheren DDR und die besonders verarmten Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Ein weit überzeichnetes Negativ-Bild von Pforzheim sei da ausgestrahlt worden, so lautete der Tenor.
Die Sendung ist im Internet zu finden und anzusehen unter www.daserste.de/plusminus/ Die PZ sammelt nun Bilder ihrer Leser, die andere, schönere Seiten Pforzheims zeigen. Einsendungen bitte per E-Mail an stadt@pz-news.de
Mit freundlicher Genehmigung der Pforzheimer Zeitung
Beitrag von Plusminus: (Video „baut“ sich in kurzer Zeit auf)
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